Patientenrechtegesetz

Patientenrechtegesetz

Das Gesetz zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten ist ein Artikelgesetz aus dem Jahr 2013, welches das Ziel verfolgt Transparenz und Rechtssicherheit hinsichtlich der bis dahin bereits bestandenen umfangreichen Rechte der Patientinnen und Patienten herzustellen, bestehende Vollzugsdefizite in der Praxis abzubauen, um die tatsächliche Durchsetzung dieser Rechte zu verbessern, zugleich Patientinnen und Patienten im Sinne einer verbesserten Gesundheitsversorgung zu schützen und insbesondere im Fall eines Behandlungsfehlers stärker zu unterstützen.

Hierzu nahm das Gesetz Regelungen unter anderem zur Kodifizierung des Behandlungs- und Arzthaftungsrechts im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), zur Stärkung der Patienteninformation, zur Stärkung der Verfahrensrechte bei Behandlungsfehlern, zur Stärkung der Rechte gegenüber Leistungsträgern, zur Förderung der Fehlervermeidungskultur und zur Stärkung der Patientenbeteiligung vor.

Das Patientenrechtegesetz normiert Folgendes:

 

Behandlungsvertrag ist im BGB geregelt

Der Behandlungsvertrag ist in das BGB aufgenommen. Er hat den Anschluss an die Regelungen des allgemeinen Dienstvertragsrechts als neuer besonderer Dienstvertragstyp in einem eigenen Untertitel im BGB bekommen.

Der Behandlungsvertrag ist grundsätzlich formfrei.

Die besonderen Rechte und Pflichten des Behandlungsvertrages einschließlich der Beweislastfragen für Haftungsfälle sind in den §§ 630a ff. BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) seit dem 26.02.2013 enthalten. Sie sind an dem bisher geltenden Recht und der hierzu ergangenen Rechtsprechung ausgerichtet.

 

§ 280 BGB als Haftungsnorm im Arzthaftungsrecht

Eine besondere vertragliche Haftungsnorm für die Verletzung von Pflichten aus dem Behandlungsvertrag gibt es in der Neuregelung nicht. Es gelten die allgemeinen Regeln des BGB.

Zentrale Haftungsvorschrift ist deshalb die für alle besonderen Schuldverhältnisse geltende allgemeine Regelung in § 280 BGB, nach der Gläubiger, wenn der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis verletzt, Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen kann. Auf den Dienstvertrag, für den ebenfalls keine besondere Haftungsnorm besteht, findet diese Regelung schon lange Anwendung. Für den Bereich der Arzthaftung hat die Rechtsprechung bisher ebenfalls § 280 BGB herangezogen.

Diese Vorschrift ist nach Wirksamwerden des Patientenrechtegesetzes bei der Haftung im Fall der Verletzung von Pflichten aus dem Behandlungsvertrag als speziellem Dienstvertrag die grundlegende Anspruchsgrundlage.

 

Nicht nur der Arzt, auch Behandelnde anderer Gesundheitsberufe haften nach dem BGB

Der Behandlungsvertrag regelt nicht nur das Vertragsverhältnis zwischen Patient und Arzt, sondern auch die Vertragsverhältnisse zwischen Patient und Behandelnder anderer Gesundheitsberufe wie etwa Heilpraktiker, Hebammen, Psycho- und Physiotherapeuten.

 

Arzthaftungsrecht gilt nicht für Tierarzt

Von den geplanten §§ 630a ff BGB nicht erfasst ist die tierärztliche Behandlung. Für die Veterinärmedizin bleibt das schon geltende allgemeine Dienstvertragsrecht für die tierärztliche Behandlung anwendbar.

 

Informations- und Aufklärungspflicht

Die Regelungen über die Einwilligung und über die Informations- und Aufklärungspflichten des Behandelnden sind zentrale Punkte des Patientenrechtegesetzes und damit des BGB. Im BGB wird normiert, dass Patienten verständlich und umfassend informiert werden müssen, beispielsweise über erforderliche Untersuchungen, Diagnosen und beabsichtigte Therapien. Es muss vor jedem Eingriff, der einer Einwilligung bedarf, umfassend über die konkrete Behandlung und ihre Risiken aufgeklärt werden. Grundsätzlich ist hierfür ein persönliches Gespräch erforderlich, so dass der Patient Zeit hat, sich die Entscheidung gut zu überlegen und Fragen zu stellen. In der Regel ist eine nur schriftliche Aufklärung nicht ausreichend.

Bei einem Verstoß gegen diese Aufklärungsanforderungen, ist die Einwilligung in den Eingriff unwirksam.

 

Informationspflicht hinsichtlich der Behandlungskosten

Eine gesonderte Information der Patienten ist notwendig, wenn Kosten für besondere Behandlungen, z.B. im Falle sogenannter individueller Gesundheitsleistungen (IGeL), erkennbar nicht von den gesetzlichen Krankenkassen oder der privaten Krankenversicherung übernommen werden.

 

Ärztliche Dokumentation

Gut dokumentierende Patientenakten sind für Behandelnde und Patienten von enormer Wichtigkeit, denn nur was dokumentiert ist, lässt sich auch später noch nachvollziehen. Aus diesem Grund ist die Pflicht zur Dokumentation im Gesetz verankert. Die Patientenakten müssen vollständig und sorgfältig geführt werden. Bei einem Verstoß gegen diese umfassende Dokumentationspflicht wird in einem späteren Gerichtsverfahren vermutet, dass eine nicht dokumentierte Maßnahme auch tatsächlich nicht erfolgt ist.

 

Recht auf Einsicht in Patientenakte

Das Recht zur Akteneinsicht, also zur Einsicht in die Patientenakte, die Patientendokumentation, ist ebenfalls im BGB festgeschrieben, denn auch eine hervorragende Dokumentation ist für die Patienten wertlos, wenn sie keinen Einblick in ihre Patientenakte nehmen dürfen.

Beweislast

In einem gerichtlichen Haftungsprozess wegen eines Behandlungsfehlers hängt der Verfahrensausgang oft von der Frage ab, wer welche Tatsachen darzulegen und zu beweisen hat. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte hierzu eine langjährige Rechtsprechung entwickelt. Der Behandelnde schuldet die Durchführung einer ordnungsgemäßen Behandlung unter Beachtung der jeweils geltenden medizinischen Standards. Wenn er gegen diese Pflicht verstößt, die Behandlung also fehlerhaft durchführt, begründet dies allein noch keinen Schadenersatzanspruch für den Patienten. Entscheidend ist, ob der Behandlungsfehler die Ursache für einen Schaden ist, also der Behandlungsfehler auch zu der tatsächlichen Gesundheitsschädigung des Patienten geführt hat.

Wer einen Schadenersatzanspruch geltend macht, muss nach den allgemeinen Beweislastregeln dessen Voraussetzungen darlegen und im Streitfall beweisen. Wird ein Schadenersatzanspruch nach § 280 Absatz 1 BGB geltend gemacht, muss einmal die Pflichtverletzung, der Schaden und dass die Pflichtverletzung für den Schaden ursächlich war, dargelegt und bewiesen werden.

Sehr häufig sind der Nachweis einer solchen Pflichtverletzung in Form des Behandlungsfehlers sowie der Nachweis der Ursächlichkeit dieses Behandlungsfehlers für den eingetretenen Schaden für die Patienten schwer zu führen, weil sie nicht das notwendige Wissen der Behandlungsabläufe und die medizinischen Zusammenhänge haben. Aus diesem Grunde hatte die Rechtsprechung besondere Regelungen zur Beweislastverteilung im Arzthaftungsrecht entwickelt.

 

Hierzu einige Beispiele:

Es ist zu Gunsten des Patienten davon auszugehen, dass eine vom Behandelnden nicht dokumentierte Maßnahme nicht getroffen worden ist.

Erfolgt die medizinischen Behandlungen durch einen Berufsanfänger, so wird vermutet, dass die mangelhafte Qualifikation für den Eintritt der Gesundheitsschädigung ursächlich war.

Bei einem groben Behandlungsfehler ist die Beweislast umgekehrt: es wird bis zum Beweis des Gegenteils durch den Behandelnden davon ausgegangen, dass der grobe Behandlungsfehler zu dem Eintritt des Schadens geführt hat.

Bei voll beherrschbaren Risiken, also Risiken in medizinischen Bereichen, die der Behandelnde vollständig und umfassend beherrschen muss, muss der Behandelnde für die Fehlerfreiheit seiner Behandlung einstehen. Deshalb wird zunächst vermutet, dass ein Behandlungsfehler in diesen Bereichen ursächlich für einen Schaden ist.

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